Nach „dark, gritty & edgy“ wird es nun Zeit für Zuversicht, Herz und Hoffnung in der Welt von DC. Warum es genau so eine Comicverfilmung braucht, dieser Befreiungsschlag so wichtig für das Franchise ist und den Start von etwas Größerem markieren könnte, erfahrt ihr in unserer Rezension zu „Superman“.
Es geht um viel
Als Marvel 2008 mit Iron Man ihr Cinematic Universe gestartet hat, wurde die Welt der Comicverfilmungen nachhaltig verändert: die brachialen und bildgewaltigen Filme mit ihren charismatischen Figuren haben vor allem mit Querverweisen auf vorangegangene und zukünftige Ereignisse für eine (fast) durchgängige Handlung gesorgt, die schlussendlich 2019 mit Avengers – Endgame in einem grandiosen Finale gemündet ist. Gewiss war die Qualität der Filme schwankend, aber als Ganzes betrachtet, waren die ersten drei Phasen des MCU ein Highlight der jüngeren Hollywood-Historie, die für volle Kinosäle sorgten und der Konzernmutter Disney Milliardenumsätze eingebracht haben.

Das hat viele andere Studios auf den Plan gerufen, die dem großen Dollar nicht abgeneigt waren und so hat Warner Bros. nach der erfolgreichen Dark Knight Trilogy von Christopher Nolan 2013 mit Man of Steel das DC Extended Universe ins Leben gerufen. Die Pläne waren groß und ähnlich wie bei Marvel waren viele Film über und rund um die Justice League geplant. Mit Shazam, Aquaman und Wonder Woman gab es durchaus gute bis sehr gute Einzelfilme, der meiste Output war jedoch bestenfalls durchschnittlich und kreative Differenzen sowie teils problematische Darsteller haben Warner Bros. dazu veranlasst, die Notbremse zu ziehen und ihr DCEU ad acta zu legen. Mit James Gunn, der bereits für The Suicide Squad gewonnen werden konnte, hat man den passenden Mann am Steuer für ein komplettes Reboot von DC gefunden, der zusammen mit Peter Safran (ebenfalls „The Suicide Squad“) 2022 das neue DC Universe ins Leben rief. Drei Jahre später wird das neue Zeitalter nun mit „Superman“ eingeleitet. Der erste Film muss nicht nur als Stand-Alone gut funktionieren, viel mehr ist er wegweisend für den gesamten Verlauf des DCU. Für Warner Bros. steht also einiges auf dem Spiel.

Eine Handlung wie aus einem echten Comic
Wir möchten an dieser Stelle nicht zu viel verraten und beschränken uns hier auf das wesentliche: Zwar bekommen wir mittels kurzer Texteinblendungen zu Beginn erklärt, dass Metamenschen, Individuen mit übernatürlichen Kräften, seit 300 Jahren bekannt sind, Superman (David Corenswet, „Twisters“) sich vor 3 Jahren der Welt offenbart hat und vor 3 Wochen einen Angriffskrieg auf die fiktive Nation Jarhanpur durch das militaristische Boravia auf eigene Faust verhindert hat, aber vom Fall Kryptons oder Kal-Els Landung im idyllischen Smallville wird nichts gezeigt. Kurz gesagt: Superman ist keine Origin-Story und das ist gut so, denn der Film nimmt sich in seinen etwas über 2 Stunden in einigen ruhigen Momenten genug Zeit, um uns mehr über die Herkunft von Superman, sein Leben als Clark Kent und seine Moralvorstellungen zu erzählen.

Als Nebenstrang beschäftigt sich die Handlung auch mit der Frage, ob Superhelden im Auftrag von Regierungen oder auf eigene Faust agieren sollten, so wie es Superman unlängst getan hat, aber auch seine Beziehung zu Lois Lane (Rachel Brosnahan, „The Marvelous Mrs. Maisel“) spielt in seiner Entwicklung eine wesentliche Rolle. Seine Absichten sind dabei stets von guter Natur und inspirieren auch die Leute um ihn herum, das richtige zu tun, wie zum Beispiel die „Justice Gang“ bestehend aus Green Lantern Guy Gardner (Nathan Fillion, „The Rookie“), Hawkgirl (Isabela Merced, „Alien:Romulus“) und Mister Terrific (Edi Gathegi, „For all Mankind“). Kal-El wirkt mit seinem Optimismus fast schon wie ein Gegenprodukt unserer heutigen Zeit.

Natürlich kommt neben der Charakterentwicklung und den ruhigen Momenten die Action alles andere als kurz, denn es gibt eine Person, die Superman abgrundtief hasst und alles unternimmt, um ihn zu vernichten: der Tech-Milliardär Lex Luthor (Nicholas Hoult, „Mad Max: Fury Road“), der eine Privatarmee von Soldaten rund um die zwei Metamenschen The Engineer (María Gabriela de Faría, „The Exorcism of God“) und Ultraman unterhält. Superman hat aber auch was richtig Liebenswertes zu bieten: Krypto, seines Zeichens ein Superhund und ganz nebenbei der heimliche Star neben dem titelgebenden Superhelden. Der drollige Vierbeiner erweitert die Story um eine humorvolle Komponente, die ebenfalls nicht zu kurz kommt. Immer wieder gibt es lustige Szenen und Dialoge, die für den einen oder anderen Lacher gesorgt haben und ja: auch Guy Gardners Frisur bleibt davon nicht verschont. Am ehesten kann man die Story mit einem richtigen Comicheft vergleichen: viel Action, ein wenig albern und manchmal Over-the-Top, mit ein paar Plotlöchern, gewissen Moral- und Wertvorstellungen, aber auch viel Emotionen und Herz. Ein klares Gegenstück zu Zack Snyders Vision des Mannes aus Stahl und genau das, was vielen Comicverfilmungen (und ganz besonders jenen des DCEU) der letzten Jahre gefehlt hat.

Ein toller Cast mit einem hervorragenden Superman
Viele Personen waren zu Beginn sichtlich enttäuscht, als Henry Cavill das Cape zugunsten von David Corenswet abgeben musste. Auch wenn Henry Cavill ein genialer Superman war, so beweist Corenswet mit seiner empathischen und emotionalen Darstellung, dass er ein mehr als würdiger Nachfolger ist. Ebenfalls kann Rachel Brosnahan mit ihrer Performance als Lois Lane auf ganzer Linie überzeugen. Auch der Rest des Casts liefert sehr gute Darstellungen ab, besonders kann Nicholas Hoult die eiskalte Arroganz und den blanken Narzissmus eines Lex Luthors erstklassig einfangen, Edi Gathegi als Mister Terrific sorgt mit seiner trockenen Art für viele Schmunzler und Nathan Fillion als Guy Gardner hat mich nicht nur einmal zum Lachen gebracht.

Das audiovisuelle Erlebnis kommt nicht zu kurz
Die letzten Filme im DCEU waren von teils sehr fragwürdigen CGI-Effekten geprägt, die einen nicht zu unterschätzenden Anteil an der gesamten Qualität beigetragen haben. Zum Glück gehören dieser Tage der Vergangenheit an, denn auch wenn es ein paar Animationen gibt, die nicht so gelungen sind (Baby Joey), kann Superman über weite Strecken abliefern: spektakuläre Kamerafahrten, schöne Lichteffekte und sehr gute Zerstörungssequenzen wissen insgesamt zu überzeugen. Gleiches gilt für die Soundabteilung, denn hier setzt Warner Bros. noch einen drauf: die Klangkulisse ist wuchtig, gut abgemischt und der Soundtrack ist gelungen. Zwar wird das legendäre Superman Theme von John Williams doch ein wenig vermisst, aber eine kleine Reminiszenz war zu vernehmen.

Die Hoffnung lebt!
Ist Superman der perfekte Film? Das ist mit einem klaren Nein zu beantworten, denn natürlich ist kein Film perfekt und es gibt gewisse Plot Löcher, die unbeantwortet geblieben sind. Diese offenen Punkte könnten aber mühelos in künftigen Filmen des DC Universe beantwortet werden. Insgesamt macht es die Mischung und neben viel Action besitzt Superman vor allem eins: viel Herz und eine hoffnungsvolle Atmosphäre. Jetzt hängt es nur mehr vom Publikum ab, denn die kreativen Köpfe haben ein tolles Abenteuer abgeliefert, was durchwegs gut unterhalten kann. Es passiert selten, dass ich einen Film mit einem Lächeln verlassen habe, aber Superman ist dieses Kunststück gelungen. Die Hoffnung auf ein gutes DC Universe lebt!
Test
Superman
Auch wenn die Handlung ihre Schwächen hat, so besitzt Superman unglaublich viel Herz und kann mit bildgewaltiger Action, Humor und einem großartigen Cast überzeugen. Ein toller Start in das neue DC Universe und der längst überfällige Befreiungsschlag für das Franchise.