29 Jahre später ist Happy Gilmore zurück – und bringt Adam Sandler in einem Netflix-exklusiven Legacy-Sequel zurück auf den Golfplatz. Aber kann Teil 2 dem Kultstatus des Originals gerecht werden – oder steckt hier mehr Golf-Parodie als Kino-Gold?
Wenn Nostalgie auf Netflix trifft
Als Happy Gilmore 1996 erschien, war Adam Sandler der ungekrönte König des pubertären Slapsticks. Mit einem Hockeyschläger, einer kurzen Zündschnur und einem Herzen am rechten Fleck wurde sein temperamentvoller Golfer zur Ikone. Happy Gilmore 2 greift fast drei Jahrzehnte später genau dort wieder auf – nur ist der Ton diesmal eine Spur gesetzter, ernster und manchmal sogar richtig melancholisch.
Die Geschichte beginnt düsterer als erwartet: Happy (erneut gespielt von einem spürbar gealterten Sandler) ist ein alkoholisiertes Wrack, das seine Minibar in Zahnbürsten, Fernbedienungen und Pfefferstreuern versteckt. Seit einem missglückten Abschlag, bei dem seine Frau Virginia ums Leben kam, ist der einstige Sportheld nur noch ein Schatten seiner selbst. Selbst seine einst glorreichen Schlagkraft-Skills wirken verstaubt und eingerostet. Seine Wut ist geblieben – aber sie verpufft im Supermarkt, wo er heute Regale einräumt und heimlich in Gurkenflaschen nuckelt.
Erst die Aussicht, seiner Tochter Vienna – gespielt von Sandlers eigener Tochter Sunny – eine sündhaft teure Ballettausbildung in Paris zu ermöglichen, bringt ihn zurück auf den Golfplatz. Und obwohl Sandler hier längst nicht mehr der jugendliche Draufgänger ist, zeigt der Film erstaunlich gut, wie eine Figur altert, ohne an Charme zu verlieren. Statt juvenilem Trotz regiert väterlicher Ernst – und das funktioniert überraschend gut.
Golfen in der Hölle – mit Lava, Eis und Shooter McGavin
Doch Golf ist nicht mehr das, was es mal war. Der visionäre Unternehmer Frank Manatee (überdreht gespielt von Benny Safdie) hat die „Maxi-Gold-Liga“ gegründet: eine Mischung aus Ninja Warrior, Mario Golf und Pyrotechnik-Show. Golfbälle müssen durch lodernde Flammen, vereiste Parcours und Rauchfontänen geschlagen werden – der Sport als Spektakel, quasi die Fast & Furious-Variante von Mini-Golf.

Zur medialen Ausschlachtung wird niemand Geringeres als Shooter McGavin (ein herrlich wahnsinniger Christopher McDonald) reaktiviert, der sich sichtlich wohlfühlt in seiner neuen Joker-mit-Golfschläger-Rolle. Für den nötigen Eskalationslevel sorgt ein Turnier-Showdown im Stile eines E-Sport-Events – mit Live-Kommentaren, Lightshows und einem absurden Aufgebot an Promi-Gästen.
Das Regelwerk? Kaum existent. Die Fairways? Glitschig, explosiv und gelegentlich von Nebelmaschinen vernebelt. Der Wahnsinn hat Methode – und die Methode heißt: mehr ist mehr. In dieser Welt kann ein Golfball via Trampolin durch einen brennenden Reifen springen, nur um anschließend von einem mechanischen Biber zurück ins Spiel gespuckt zu werden. Wer hier nach Logik sucht, ist in der falschen Liga.
Cameo-Karussell mit Bauchlandung
Und hier liegt auch das größte Problem von Happy Gilmore 2: der Cameo-Overkill. Was als Fan-Service gedacht ist, kippt phasenweise ins Überfordernde. Travis Kelce als flirty Kellner? Bad Bunny als Caddie? Ben Stiller als sadistischer Suchttherapeut? Post Malone, Guy Fieri, Haley Joel Osment, Ken Jennings und sogar Golf-Pros wie Rory McIlroy mischen ebenfalls mit. Eine Golfpartie mit YouTube-Algorithmus-Vibes – wer den einen Gag nicht versteht, erkennt vielleicht wenigstens das Gesicht.
Diese Star-Parade funktioniert nur bedingt. Während einzelne Auftritte witzige Miniaturen bieten, etwa wenn ein halitosischer Bösewicht mit 50 Knoblauchknollen eingeführt wird, wirkt vieles wie ein lauwarmer Versuch, Schwächen im Drehbuch zu kaschieren. Und tatsächlich: Viele Gags kennt man aus Teil 1 – nur eben mit grauerem Bart und schlechterer Pointe.
Fast wirkt es, als hätte man eine nostalgische Powerpoint-Präsentation mit Netflix-Budget versehen. Immer wieder werden Rückblenden und Originalszenen eingeblendet – inklusive Original-Zitate, Archivmaterial und unzähliger Erinnerungen an bessere Zeiten. Der Effekt: Für Fans des Originals wirkt das wie eine warme Umarmung. Für alle anderen eher wie eine Dauerwerbesendung für das Jahr 1996.
Vom Wutbürger zum Vater mit Herz
Doch Happy Gilmore 2 ist keineswegs nur eine Clipshow mit Superstars. Denn unter all dem Klamauk blitzt ein echtes Herz durch – und das liegt vor allem an Sandler selbst. Inzwischen eher stiller Beobachter als Krawall-Komiker, bringt er eine sentimentale Tiefe in die Figur, die man ihm nicht unbedingt zugetraut hätte. Wenn er in ruhigen Szenen mit Golf-Underdog Jim Daly über verlorene Chancen und die Bedeutung von Familie spricht, wirkt das überraschend ehrlich – und berührend.
Diese Vater-Tochter-Geschichte funktioniert dabei deutlich besser als die Hauptstory rund ums verrückte Golfturnier. Sunny Sandler zeigt in ihrer Rolle eine Natürlichkeit, die dem Film viel Menschlichkeit verleiht. Kein Wunder, dass sie mittlerweile als Geheimwaffe der Happy-Madison-Produktionen gilt – auch weil sie nicht versucht, ihren Vater zu kopieren, sondern ihren ganz eigenen Ton trifft.
Kameramann Zak Mulligan (We the Animals) sorgt dabei für visuelle Qualität, die man in einer Happy-Madison-Produktion kaum erwarten würde. Eine Nachtszene mit Lagerfeuer und leiser Klaviermusik hat eine Bildsprache, die fast schon arthouse ist – und wirkt wie aus einem ganz anderen Film. Auch visuell entwickelt sich Happy Gilmore 2 damit weiter: Von der quietschbunten Slapstick-Welt der Neunziger zu einem Film, der sich traut, auch mal innezuhalten.
Fazit: Mehr Herzensprojekt als Gag-Maschine
Happy Gilmore 2 ist ein widersprüchlicher Film: einerseits ein überdrehtes Legacy-Sequel voller Stars, Gags und Zitate – andererseits ein leiser, manchmal sogar ernster Blick auf das Älterwerden. Adam Sandler gelingt mit Co-Autor Tim Herlihy und Regisseur Kyle Newacheck eine Gratwanderung, die vielen ähnlich gelagerten Fortsetzungen misslingt: Sie trauen sich, die Hauptfigur weiterzuentwickeln.

Ja, viele Gags funktionieren nicht mehr so gut wie damals. Ja, einige Witze sind Wiederholungen mit anderem Anstrich. Und ja, die Promi-Dichte sorgt dafür, dass der eigentliche Plot manchmal untergeht. Aber: Wenn ein Film es schafft, gleichzeitig irre, albern, traurig, warmherzig und absurd zu sein – dann kann man ihm auch seine Überdrehtheit verzeihen.
Wer das Original liebt, wird sich über zahlreiche Rückbezüge und den finalen Auftritt im altbewährten Bruins-Trikot freuen. Wer allerdings auf originellen Humor und echtes Storytelling hofft, muss sich durch einen dichten Dschungel aus Popkultur-Referenzen und Retro-Fanservice kämpfen. Für Sandler-Fans ist das trotzdem ein lohnenswerter Trip zurück zum „Happy Place“ – diesmal mit Cholesterinwerten statt Bierkübeln. Und vielleicht ist das ja genau der Reiz: Ein Film über das Altern, der sich nicht davor scheut, selbst ein bisschen alt zu wirken.
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Happy Gilmore 2
Happy Gilmore 2 ist weniger ein Film, mehr ein Stimmungsbild – irgendwo zwischen Nostalgieparty, Streaming-Spektakel und Coming-of-Age für Mittfünfziger. Wer sich auf den wilden Genre-Mix und den tonalen Spagat einlässt, bekommt immerhin einen Adam Sandler, der mehr Herz zeigt als in den letzten zehn Netflix-Produktionen zusammen.